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EMESCARA

Schwarze Kohlenhalden im ersten Schneegestöber
Bei Nacht rotilluminierte Wolken über der Kokerei
Die roten und grünen Signallichter eines Güterbahnhofs
Der blühende Kastanienbaum im Wind
Ein vergessener Schlammteich, in dem man versinken kann
Ein Garten voller Rosen
Ein kleines Mädchen ratscht mit der Hand am grünen Lattenzaun entlang
Männer mit Aktentaschen gehen schnell an der langen Zechenmauer entlang

zum Haupttor
Der Zeiger einer Uhr rückt vor
Die Räder des Förderturms bewegen sich in einem rätselhaften Rhythmus
Das immerwährende Fallen eines hochaufragenden Schornsteins
Der Duft von Jasminbüschen am Schwimmbad
Der Holunderbusch zwischen Fabrikmauer und Abwasserkanal
Ein ganz leichter Schwefelgeruch in der Luft an lauen Sommerabenden
Ein Liebespaar auf der mit wilden Blumen bewachsenen Steinhalde
Ein roter Mund
Ein summendes Kraftwerk im Abendviolett

 

SEHNSUCHT


Sehnsucht schreitet unter stillen Blättern.
Hohe Gräser schmiegen sich an ihn und über ihm schwebt eine Sonne.
Weite Fluren und silberne Wasser sehen den Umschlungenen.
Blumen blühen, dunkelgrüne Pflanzen betäuben die verlassene Erde.
Lichtumflossen wuchert es überall: Schlanke Gräser und große duftende Blumen.

Und zum letztenmal bahnt er sich einen Weg und schreitet auf
den weitentfernten Tempel zu. In seinen Sinnen blüht die Blaue Blume.
Doch der Tempel ist leer.
Verwirrt betet er zu den Steinen und Sternen.

Die Nacht sieht ihn durch die Welten irren.
Violette Sonnen und rote Planeten greifen nach dem Hilflosen.
Rastlos weicht er Strahlenfingern aus und durchquert feurige Nebel.
Die Verzweiflung zerrt an seinen Gliedern, dann löst das All ihn auf
und befreit die Blaue Blume in ihm.
Bald schwebt sie einer Sonne gleich im Raum und strahlt in einem überirdischen Licht.
Ihre Blätter erzeugen dabei einen seltsamen Ton und schwirren.
Lächelnd eilt er ihr entgegen und sie nimmt ihn auf.

LIEBEN

Ich möchte dich lieben

im Staub der Straße

im Meer von Gräsern

die der Wind verweht

 

In trüben Wassern von Kanälen

in dunklen Gärten

in denen nichts mehr blüht

 

Ich möchte dich lieben

auf trostlosen Trümmern

auf Kähnen in die Ewigkeit

in grauen Sternenlabyrinthen

ohne Gott und Tod und Zeit

        

 

          GEDACHTE WELTEN

 

    In dunklen, gedachten Welten
  unter bleichen, gedachten Sonnen

           denke ich dich zu mir

 

 

ZENITH

Und ich überschritt den Zenith des Gegebenen
und gelangte in den Raum der Übermacht.
Mit viel Geschick und Geduld wand ich mich
durch ein Gewirr von Netzen und Schlingpflanzen
Das und das Fließen des Wassers
erzeugen in meinem Schädel ein allmählich anschwillendes Schwindelgefühl
Trotzig lächle ich sorglos
Noch habe ich Zeit und Wasser ist genug
deshalb die sorgenlos verzerrten Lippen
Es pulst, es pulst, es dröhnt, es sirrt und surrt sirrend im Kreise
Töne, sprudelnd, einzeln, einsam
Schwirrende Geigen entführen meinen Kopf in dunkeldrohende Wolkenfetzen

SILBERMOND

Gleißender Silbermond lag über der breiten Autostraße

auf der ein glitzendes Kabriolet sich pfeilschnell fortbewegte.

Die Silhouetten knorriger Kiefern,
deren morsche Zweige sich hilfesuchend in den Himmel reckten,
hoben sich rechts und links weit gegen das Mondlicht ab.

Einige Eulen saßen leblos und warteten. Leiser scharfer Wind zog.

Der Wagen hielt lautlos. Der Schlag ging auf.

Ein fahler Mädchenkopf wurde sichtbar.
Aus hohlen Augen blickte er von fern mich an.
Ein übergroßer Mund öffnete sich.

Ein gellender langgezogener Schrei hallte wahnsinnig durch das All.

Langsam lösten sich die Schleier, das Kabriolet war fort.

Die Eulen machten die Augen auf und wieder zu.

Eine Kiefer legte sich knarrend auf die Seite.



DIE NACHT

Die Nacht raunt am Fensterkreuz als Lider sich in Tiefes senken
In helle Zenithe ragt ein roter Fahnenmast
Ein süßes Lächeln bleckt die weißen Zähne
Silberne Stahlharfen mit Sonnenähren gespickt
und gewaltige Silberlafetten satteln den Sog
Rollende Reaktionsrotatoren
Dunkle Millionardenträume
Gold fließt marmorne Treppen hinab
Aus den geschlossenen Augen eines Mädchens tropft silbernes Weinen
Eine einsame Flamme flattert am Wald


ZULETZT

Zuletzt liebliches Lachen

in allen Zeigen der Nacht

Schwanzschwippig piepsend

unter fernen Nelken

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